Niacin (Vitamin B3)
Informationen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

Nutzen - Mangel und Nebenwirkungen
Vitamin B3 ist der alte Name (in der Literatur ist sogar von einem „veralteten“ Begriff die Rede) für
Niacin.
Es wird zeitweise auch Vitamin PP oder PP-Faktor genannt, was „Pellagra Preventing“ bedeutet („Pellagra
verhindernd“, Pellagra ist die Krankheit, die durch einen Mangel an Niacin entsteht).
Ein anderer chemischer Name für Niacin ist Nicotinsäure.
Niacin ist ein farbloses und gut wasserlösliches Derivat von Pyridin. Eine weitere Form von Vitamin B3 ist das
Nicotinamid, bei der die OH-Gruppe durch eine NH2-Gruppe ersetzt worden ist. Beide Varianten – und andere mögliche
– haben die gleiche biochemische Aktivität und Eigenschaften.
Es kann nicht auf direktem Wege in Nicotinamid überführt werden, aber beide Substanzen können in vivo zu NAD und
NADP verwandelt werden. Obwohl beide in ihren Vitamineigenschaften identisch sind, hat Nicotinamid nicht die
gleiche pharmakologische Effizienz wie Niacin. Nicotinamid ist nicht in der Lage, Cholesterinspiegel zu senken und
bewirkt auch keinen Flush (plötzliches Rotwerden, nicht nur auf das Gesicht beschränkt).
Niacin ist eine Precursor-Substanz von NAD und NADH, sowie NADP und NADPH, die eine essentielle Rolle im
Metabolismus der Zelle ausüben. Niacin ist darüber hinaus in Reparaturmechanismen der DNA involviert und in der
Produktion von Steroidhormonen in der Nebenniere.
Niacin ist eins von fünf Vitaminen, die mit pandemischen Mangelerkrankungen assoziiert werden:
- Niacin-Mangel und Pellagra (eine Krankheit mit Durchfall, Hautentzündungen und Demenz, dazu später
mehr)
- Vitamin-B1-Mangel und Beriberi (ein Sammelbegriff für verschiedene
Krankheitsbilder) Vitamin-C-Mangel und Skorbut (eine Krankheit mit Fieber,
Gelenkentzündungen, Durchfall, Blutungen und anderen Symptomen) Vitamin-D-Mangel
und Rachitis (eine gestörte Mineralisierung der Knochen) Vitamin-A-Mangel und
Nachtblindheit sowie Hyperkeratose (eine übermäßig starke Verhornung der Haut)
In höheren Dosierungen ist Niacin in der Lage, Atherosklerose zu beseitigen, indem es die LDL-Fraktion des
Cholesterins senkt.
Außerdem zeigte sich, dass Vitamin B3 möglicherweise bei der Bekämpfung von Krankenhauskeimen helfen kann. Denn
in hohen Dosierungen wirkt es beispielsweise gegen die resistenten Bakterienstämme von Staphylococcus aureus (MRSA)
und von Pseudomonas, bei denen Antibiotika nichts ausrichten können (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22922257).
Die Forscher stellten fest, dass Nicotinamid sowohl bei lebenden Mäusen als auch im menschlichen Blut dazu
führt, dass die neutrophilen Granulozyten vermehrt antibakterielle Substanzen ausschütten. Die neutrophilen
Granulozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen und spielen eine entscheidende Rolle bei der aktiven Bekämpfung
potentiell gefährlicher Mikroorganismen.
Die Dosierung, die für die positive Wirkung benötigt wird, ist allerdings recht hoch. Sie liegt etwa 300-mal
höher als die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Tagesmenge.
Dennoch konnten in den bisherigen Versuchen nur wenige Nebenwirkungen festgestellt werden. Zu unerwünschten
Folgen kommt es meist erst bei noch deutlich größeren Mengen. Umfassende Studien stehen allerdings noch aus.
Niacin kann, ebenfalls in hoher Dosierung, Krebspatienten vor einer Bestrahlung verabreicht werden, um die
Tumoren effektiver zu bekämpfen.
Geschichtliches
Niacin wurde 1873 erstmalig von Hugo Weidel in seinen Studien über Nikotin beschrieben. Conrad Elvehjem
extrahierte Niacin aus der Leber und konnte es als den aktiven Bestandteil identifizieren, der für eine
Verhinderung von Pellagra verantwortlich ist. Daher die manchmal gebrauchte Zusatzbezeichnung „Vitamin PP“.
Als man sich der biologischen Bedeutung von Niacin bewußt wurde, wollte man einen „ordentlichen“ Namen für die
Substanz haben, der keine Assoziation zum Nikotin hervor rief. Es sollte somit vermieden werden, dass weniger in
der Materie bewanderte Zeitgenossen auf die Idee kämen, dass das Vitamin selbst und
vitaminreiche Nahrungsmittel Nikotin enthielten. Oder aber dass andersherum Zigaretten Vitamine enthielten.
So wurde der Name „Niacin“ geboren, der sich aus „nicotinic acid“ und „vitamin“ zusammensetzt. 1951 fand
Carpenter, dass Niacin in Mais kaum Bioverfügbarkeit besitzt und erst bei einem pH-Wert von 11 freigesetzt wird.
Die Bezeichnung Vitamin B3 rührt daher, dass es das dritte Vitamin der B-Reihe war, was entdeckt worden ist.
Bedarf
Die empfohlene tägliche Dosierung von Niacin liegt zwischen 2 und 12 mg für Kinder, bei 14 mg für Frauen, 16 mg
für Männer und 18 mg pro Tag für Schwangere und stillende Mütter.
Das obere Limit für Männer und Frauen liegt bei 35 mg pro Tag, was auf dem Phänomen des Flush beruht als
kritisch einzustufende Nebenwirkung des Vitamins. Der Nachweis von Niacin wird durch Urinproben vorgenommen. Die
Bestimmung der Biomarker im Urin gilt als zuverlässiger als eine Bestimmung von Serumspiegeln.
Nehmen Sie Niacin und andere B-Vitamine am besten morgens nach dem Frühstück ein, um Magenproblemen und
Schlafstörungen vorzubeugen.
Mangel und seine Konsequenzen
Wie eingangs schon angedeutet, ist die Krankheit Pellagra die direkte Folge eines Niacinmangels. Heute wird eine
Niacin-Mangelerscheinung in den entwickelten Ländern nur äußerst selten zu beobachten sein. Es tritt dagegen
häufiger auf in Gegenden, die unter Armut und Unterernährung leiden, sowie bei chronischem Alkoholismus oder bei
extremer Fehlernährung, zum Beispiel bei Magersucht.
Es gibt auch die Tendenz, dass diese Mangelerscheinung in Gebieten auftritt bzw. vermehrt auftreten kann, in
denen die Menschen als Grundnahrungsmittel Mais essen. Da Niacin im Mais so gebunden ist, dass es erst bei einem
pH-Wert von 11 freigesetzt werden kann, bedarf es einer besonderen Kochtechnik, die Nixtamalisation genannt wird.
Dabei wird der geerntete Mais in alkalisches Kalkwasser gelegt und nass vermahlen.
Durch diesen Vorgang wird das Niacin im Mais erst freigesetzt. Die spanischen Eroberer brachten den Mais nach
Europa, nicht aber diese Kochtechnik. Da Mais ertragreicher ist, als Gerste oder Weizen, gab es bald viele Bauern,
die komplett ihre Produktion auf Mais umstellten. Das hatte dann zur Folge, dass Pellagra Erkrankungen pandemische
Dimensionen annahmen.
Eine leichte Niacin Mangelerscheinung wird mit einem verlangsamten Metabolismus in Verbindung gebracht, ebenso
mit einer verminderten Toleranz Erkältungen gegenüber.
Ein schwerer Niacin Mangel dagegen verursacht, wie bereits erwähnt, Pellagra. Dies ist gekennzeichnet von
Durchfällen, Dermatitis und Demenz. Des Weiteren treten Läsionen am unteren Teil des Halses auf, Hyperpigmentation,
Verdickung der Haut, Entzündungen von Mund und Zunge, Verdauungsstörungen, Amnesie, Delirium und am Ende der
Tod.
Die häufigsten psychiatrischen Symptome eines Niacin Mangels sind Verwirrung, schlechtes Konzentrationsvermögen,
Aufregung, Müdigkeit, Ruhelosigkeit, Apathie und Depressionen. Es gibt Studien mit chronischen Alkoholikern, die
zeigen konnten, dass der Niacin Mangel ein wichtiger Faktor darstellt beim Einsetzen und bei der Schwere der
Erkrankung. Alkoholiker weisen in der Regel eine erhöhte intestinale Permeabilität auf, was sich negativ auf den
allgemeinen Gesundheitsstatus auswirkt.
Die Hartnup-Erkrankung ist eine vererbte Erkrankung, bei der aufgrund von Störungen im Gastrointestinaltrakt
(und in den Nieren) Niacin bzw. Tryptophan nicht ausreichend aufgespaltet und resorbiert werden kann. Die sich
daraus ergebenden Symptome sind denen der Pellagra sehr ähnlich: rote, schuppenartige Ausschläge und
Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht. Hier wird orales Niacin in „Superdosierungen“ von 40 bis 200 mg pro Tag
verabreicht. Wenn die Diagnose rechtzeitig hat erstellt werden können, ist die Prognose dieser Patienten günstig.
Die Niacin Synthese ist ebenfalls beim karzinoiden Syndrom gestört, da aufgrund der metabolischen „Umleitung“ der
Precursor-Substanz Tryptophan fast ausschließlich Serotonin gebildet wird und nur wenig Niacin.
Lipidmodifizierende Effekte des Niacins
In therapeutischen Dosen hat Niacin zeigen können, dass es in der Lage ist, Atherosklerose rückgängig zu machen,
indem es VLDL- und LDL-Cholesterin, Gesamtcholesterin und Triglyceride senkt. Des Weiteren erhöht es die
HDL-Fraktion des Cholesterins (das „gute“ Cholesterin – VLDL und LDL sind die „bösen“ Cholesterine). Es wird auch
vermutet, dass Niacin die Fähigkeit besitzt, Lipoprotein(a) zu senken, was sich günstig erweist zur Senkung von
starker Thromboseneigung.
Wenn Niacin in „Mega“-Dosen von 1 bis 2 g zwei- oder dreimal täglich gegeben wird, dann wird die Fettfreisetzung
im Fettgewebe unterbunden. Diese Fette werden normalerweise benötigt, um VLDL in der Leber zu produzieren. VLDL ist
der Precursor von LDL. Da Niacin den Abbau verhindert, bewirkt dies den Abfall von freien Fettsäuren im Blut. Die
Konsequenz ist, dass weniger VLDL und Cholesterin in der Leber gebildet werden können. Durch die Senkung der VLDL
Spiegel erhöht Niacin die HDL Spiegel. Deshalb wird es auch bei Patienten verschrieben, die einen zu niedrigen HDL
Spiegel aufweisen und herzinfarktgefährdet sind.
Niacin kommt auch in Kombination mit Cholesterinsenkern (Statinen) bei Patienten mit hohen Cholesterinwerten zum
Einsatz.
Toxizität
Hohe Dosen von 1,5 bis 6 g täglich führen fast immer zu Nebenwirkungen.
Dies können sein Haut-Flush, Juckreiz, trockene Haut, Hautausschläge, Ekzeme und Acanthosis nigricans (eine
Verdickung und Verfärbung der Haut). Des Weiteren treten gastrointestinale Beschwerden auf wie Dyspepsie
(Verdauungsstörung), Übelkeit und in seltenen Fällen Leberfehlfunktion bzw.–insuffizienz.
Hyperglykämien und Arrhythmien sind ebenso beschrieben worden als auch Geburtsfehler bei Labortieren. Ein Flush
hält für etwa 15 bis 30 Minuten an und ist oft begleitet von einem Gefühl des Prickelns oder Juckens. Dieses Gefühl
ist besonders in den Hautpartien ausgeprägt, die von Kleidung bedeckt sind. Vermittelt wird dieser Effekt durch
Prostaglandine und kann mit der Einnahme von 300 mg Aspirin verhindert werden.
Das Aspirin muss allerdings etwa eine halbe Stunde vor Einnahme von Niacin genommen werden. Alternativ kann auch
eine Tablette Ibuprofen täglich genommen werden. Um die Nebenwirkungen des Niacins abzuschwächen, ist es ratsam,
Niacin mit den Mahlzeiten einzunehmen. Nach einigen Wochen konstanter Einnahme hören die Flush Reaktionen gänzlich
auf. Es gibt auch Tabletten mit einer verzögerten Niacin Freisetzung. Auch hier sind weniger Nebenwirkungen
beobachtet worden als bei einer nicht retardierten Tablette.
Der Grund für den Flush liegt nicht in einer Beteiligung von Histamin. PGD2 ist der Hauptgrund für sein
Auftreten, wobei Serotonin eine sekundäre Rolle zu spielen scheint.
Hohe Dosen können die Blutzuckerspiegel erhöhen. Dies ist besonders für Diabetiker von Bedeutung, besteht hier
die Gefahr einer Verschlechterung der Blutzuckereinstellung bei diesen Patienten.
Eine Hyperurikämie ist eine weitere Nebenwirkung von hoch dosiertem Niacin. Im Extremfall provoziert Niacin in
diesen Dosierungen einen Gichtanfall. Die Dosierungen, die einen cholesterinsenkenden Effekt bewirken, haben bei
Labortieren zu Geburtsfehlern geführt. Dies mag möglicherweise auch Konsequenzen für die embryonale Entwicklung
beim Menschen haben. In extrem hohen Dosierungen hat Niacin eine lebensbedrohliche Wirkung.
Es kann hier auch eine Makulopathie auslösen, eine Verdickung von Makula und Retina des Auges, was letztendlich
zu Blindheit oder schweren Sehstörungen führt. Die Makulopathie jedoch ist nach Absetzen der Niacin Einnahme
reversibel.
Biosynthese
Die Leber ist in der Lage, Niacin aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan zu synthetisieren. Um 1 mg Niacin
zu synthetisieren, werden 60 mg Tryptophan gebraucht. In fünf
Zwischenschritten kommt es zur Bildung von Niacin. Obwohl der Organismus in der Lage ist, dieses Vitamin selbst
herzustellen und dieses damit dem Vitamincharakter widerspricht – Vitamine sind per Definition essentiell und
können vom Organismus eben nicht selbst produziert werden – wäre eine niacinfreie Ernährung nicht ohne
Mangelerscheinung möglich (siehe das Kapitel „Mangel und seine Konsequenzen“). Hier wird der „pseudo-essentielle“
Charakter des Vitamins durch die benötigten Mengen definiert, da der Organismus für ein optimales Funktionieren
deutlich mehr Niacin benötigt als dieser selbst herstellen kann.
Wichtige Nahrungsmittel
Eingangs haben wir schon Mais (mit seinen Problemen) diskutiert. Aber glücklicherweise gibt es noch eine
Vielzahl an Nahrungsmitteln, die Niacin enthalten in einer deutlich freieren Form, als das beim Mais der Fall
ist.
- Tierische Produkte: Leber, Herz und Nieren, Hühnchen,
Rindfleisch, Thunfisch und Lachs, Milch und Eier
- Früchte und Gemüse: Avocados, Datteln, Tomaten, blättriges
Gemüse, Broccoli, Karotten, Süßkartoffeln, Spargel etc.
- Samen: Nüssen, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchte,
Meldensamen usw. Pilze: Bierhefen, Speisepilze und Heilpilze
- Pilze: Bierhefen, Speisepilze und Heilpilze

Dieser Beitrag wurde letztmalig am 15.03.2016 aktualisiert.
|