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Niacin und Nicotinamid – das Vitamin B3 – mein neues Lieblingsvitamin

Informationen aus der Naturheilpraxis René Gräber

René Gräber
René Gräber

Persönlich möchte ich das Vitamin B3 als mein neues “Lieblingsvitamin” bezeichnen. Die Wirkungen des Niacins sind schon seit Jahrzehnten bekannt – aber was es letztlich wirklich für viele Patienten “kann” wissen die meisten Therapeuten meist gar nicht… Im folgenden Grundsatzbeitrag möchte ich zeigen, warum und für was Vitamin B3 gut ist.

Was ist Vitamin B3 (Niacin)?

Vitamin B3 besteht aus einer Gruppe von sehr ähnlichen bioorganischen Verbindungen, die im Stoffwechsel dieselbe Funktion ausüben. Die wichtigste Form von Vitamin B3 ist Niacin (NA), auch als “Niacinsäure“ oder “Nicotinsäure“ bezeichnet. Eine zweite bedeutende Variante des Vitalstoffes ist Nicotinamid (NAM), auch Nicotinsäureamid und Niacinamid, genannt.

Geschichtliches – oder: wofür ist Vitamin B3 gut?

Niacin wurde 1873 erstmalig von Hugo Weidel in seinen Studien über Nikotin beschrieben. Conrad Elvehjem extrahierte Niacin aus der Leber und konnte es als den aktiven Bestandteil identifizieren, der eine Krankheit namens “Pellagra“ verhindert. Daher kommt die antiquierte Bezeichnung “Vitamin PP“ oder “PP-Faktor“ mit der Abkürzung aus “Pellagra Preventing“ (“Pellagra verhindernd“).

Als man sich der biologischen Bedeutung von Niacin bewusst wurde, wollte man einen „ordentlichen“ Namen für die Substanz haben, der keine Assoziation zum Nikotin hervorrief. Es sollte somit vermieden werden, dass weniger in der Materie bewanderte Zeitgenossen auf die Idee kämen, dass das Vitamin selbst und vitaminreiche Nahrungsmittel Nikotin enthielten. Oder aber, dass andersherum Zigaretten Vitamine enthielten.

So wurde der Name „Niacin“ geboren, der sich aus „nicotinic acid“ und „vitamin“ zusammensetzt. 1951 fand Carpenter, dass Niacin in Mais kaum Bioverfügbarkeit besitzt und erst bei einem pH-Wert von 11 freigesetzt wird. Die Bezeichnung Vitamin B3 rührt daher, dass es das dritte Vitamin der B-Reihe war, das entdeckt worden ist.

Die Grund-Funktion aller Vitamin-B3-Varianten

Niacin und Nicotinamid sind die funktionellen Bestandteile in 2 zentralen Coenzymen des Stoffwechsels: NAD+ und NADP+. (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid und Nicotinamid-Adenin-Dinukleotidphosphat). Beide Verbindungen sind Redox-Mittel und Überträger von Stoffwechsel-Energie. NAD+ ist ein unentbehrlicher Faktor im abbauenden Stoffwechsel (Katabolismus), während NADP+ im aufbauenden Stoffwechsel (Anabolismus) fungiert.

Zum “Komplex“ Vitamin B3 gehören neben Niacin und Nicotinamid noch 2 andere Verbindungen, die bereits weitere Bestandteile enthalten, die zur Bildung von NAD+ und NADP+ erforderlich sind. Dies sind Nicotinamid-Ribosid (NR) und Nicotinamid-Mononucleotid (NMN).

Zur Supplementation gibt es Präparate mit Inositol-Hexanicotinat (I6N), das zu Inositol und 6 Anteilen Niacin verdaut wird.

NAD+ und NADP+ – Funktion und Wirkung

NAD+ und NADP+ sind die beiden oxidierten Formen der Niacin-tragenden Coenzyme. Durch Bindung eines Hydridions (H, negatives Wasserstoffion) werden diese Verbindungen reduziert, wobei ein Reaktions-Partner oxidiert wird. Die reduzierten Formen der Coenzyme sind NADH und NADPH. Bei diesen Redox-Reaktionen werden Elektronen zwischen den Reaktanden übertragen. Die Aufnahme von Elektronen nennen wir “Reduktion“ und die korrespondierende Abgabe “Oxidation“.

Ein konkretes Beispiel für die Funktion von NADH ist der Citratcyclus und die Atmungskette in den Mitochondrien. Im Citratcyclus werden Abbau-Produkte des Fett- Kohlenhydrat- und Aminosäure-Katabolismus zu Wasser und Kohlendioxid oxidiert (“verbrannt“). Dabei wird (unter anderem) NAD+ zu NADH reduziert und dadurch mit potenzieller chemischer Energie aufgeladen.

Im Zuge der Atmungskette wird NADH wieder oxidiert, wodurch ADP zu ATP reduziert wird. NADH hat somit die Energie zum ATP weitergegeben, das nun als “Energie-Währung“ der Zelle dienen kann.

NADPH liefert bei Synthesereaktionen Energie sowie Wasserstoff. Beispielsweise wird NADPH während der Fettsäure- und Cholesterin-Synthese zu NADP+ oxidiert und die Zwischen-Produkte der Reaktions-Kette reduziert.

NADH und NADPH sind auch Coenzyme der Oxidoreduktasen. Diese Enzyme katalysieren wichtige Schritte in synthetischen Reaktionen und sind vor allem auch an Entgiftungs-Prozessen beteiligt. Auch Antioxidantien werden mit Oxidoreduktasen regeneriert, wobei NADH oder NADPH oxidiert werden. So werden zum Beispiel Glutathion und Vitamin C reduziert und wieder ihren biochemischen Funktionen zugeführt. Einige Oxidoreduktasen spielen auch eine wichtige Rolle in den Phagozyten (“Fresszellen“) des Immunsystems.

NAD+ ist daneben ein Cofaktor für Enzyme des genetischen Stoffwechsels. Hierhin gehören die Sirtuine, die die Genaktivität steuern. Auch Enzyme wie PARPs, die Fehlstellen in der DNA beseitigen, sind von NAD+ abhängig. Einige Messenger-Moleküle der hormonellen und neuronalen Systeme können ebenfalls nur unter Zutun von NAD+ produziert werden.

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Biosynthese – Was bewirkt Vitamin B3?

Niacin kann nicht auf direktem Wege in Nicotinamid überführt werden. Die Leber kann den Vitalstoff aus der essenziellen Aminosäure Tryptophan synthetisieren. Um 1 mg Niacin zu synthetisieren, werden 60 mg Tryptophan gebraucht. Im menschlichen Organismus wird dieser Weg allerdings kaum beschritten. Denn Tryptophan kann über Zwischenschritte und mit anderen Verbindungen direkt zu NAD+ umgewandelt werden. Tryptophan könnte man daher als “Quasi-Vitamin-B3“ bezeichnen.

Die Bildung von Niacin aus Tryptophan vollzieht sich in fünf Zwischenschritten. Obwohl der Organismus in der Lage ist, dieses Vitamin selbst herzustellen und dieses damit dem Vitamincharakter widerspricht – Vitamine sind per Definition essenziell und können vom Organismus eben nicht selbst produziert werden – wäre eine niacinfreie Ernährung nicht ohne Mangelerscheinung möglich (siehe das Kapitel „Folgen des Vitamin-B3-Mangels“). Zu einem Defizit an dem Vitalstoff kommt es aber praktisch nur dann, wenn alle Varianten von Vitamin B3 und gleichzeitig Tryptophan fehlen oder unzureichend aufgenommen werden.

Hier wird der „pseudo-essenzielle“ Charakter des Vitamins durch die benötigten Mengen definiert, da der Organismus für ein optimales Funktionieren deutlich mehr Niacin benötigt als dieser selbst herstellen kann.

Die verschiedenen Varianten von Vitamin B3

Die diversen Formen, in denen Vitamin B3 vorkommt, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit, Nebenwirkungen und den speziellen medizinischen Effekten. Die grundlegenden physiologischen Wirkungen sind allerdings dieselben. Beschrieben worden sind die Funktionen des Vitalstoffen hauptsächlich für Niacin und Nicotinamid.

Niacin (NA)

Niacin ist ein farbloses und gut wasserlösliches Derivat von Pyridin. Der Vitalstoff ist eines von fünf Vitaminen, die mit pandemischen Mangelerkrankungen assoziiert werden:

  • Niacin-Mangel und Pellagra, eine Krankheit mit Durchfall, Hautentzündungen und Demenz
  • Vitamin-B1-Mangelund Beriberi (ein Sammelbegriff für verschiedene             Krankheitsbilder) Vitamin-C-Mangel und Skorbut (eine Krankheit mit Fieber,  Gelenkentzündungen, Durchfall, Blutungen und anderen Symptomen) Vitamin-D-Mangel und Rachitis (eine gestörte Mineralisierung der Knochen) Vitamin-A-Mangel und Nachtblindheit sowie Hyperkeratose (eine übermäßig starke             Verhornung der Haut)

Medizinische Anwendungen von Niacin und Nicotinamid

Die Supplementierung mit Niacin führt in spätestens einer Stunde zu hohen, lang anhaltenden Plasma-Konzentrationen. In höheren Dosierungen ist Niacin in der Lage, Atherosklerose zu beseitigen. Ob dies an der Senkung der LDL-Werte des Cholesterins liegt, ist umstritten. Möglicherweise liegt dies auch an der gefäßerweiternden Wirkung des Vitalstoffes. Nachgewiesen ist jedenfalls, dass Niacin das Voranschreiten der Gefäßverengungen hemmt und damit Herzinfarkt und Schlaganfall unwahrscheinlicher macht.

In therapeutischen Dosen hat Niacin zeigen können, dass es in der Lage ist, Atherosklerose sogar rückgängig zu machen, indem es VLDL- und LDL-Cholesterin, Gesamtcholesterin und Triglyceride senkt. Des Weiteren erhöht es die HDL-Fraktion des Cholesterins (das „gute“ Cholesterin – VLDL und LDL sind die „bösen“ Cholesterine).

Es wird auch vermutet, dass Niacin die Fähigkeit besitzt, Lipoprotein(a) zu senken, was sich günstig erweist zur Senkung von starker Thromboseneigung.

Niacin bindet an den Niacin-Rezeptor 1 in den Zellmembranen, sodass weniger Fettsäuren aus der Zelle herausgeschleust werden. Wenn der Vitalstoff in „Mega“-Dosen von 1 bis 2 g zwei- oder dreimal täglich gegeben wird, dann wird die Fettfreisetzung im Fettgewebe unterbunden. Diese Fette werden normalerweise benötigt, um VLDL in der Leber zu produzieren.

VLDL ist der Precursor von LDL. Da Niacin den Abbau verhindert, bewirkt dies den Abfall von freien Fettsäuren im Blut. Die Konsequenz ist, dass weniger VLDL und Cholesterin in der Leber gebildet werden können. Der Effekt wird dadurch noch verstärkt, dass Niacin ein Enzym der Fett-Synthese hemmt.

Durch die Senkung der VLDL-Spiegel erhöht Niacin die HDL-Spiegel. Deshalb wird es auch bei Patienten verschrieben, die einen zu niedrigen HDL-Spiegel aufweisen und herzinfarktgefährdet sind.

Die reduzierte Konzentration freier Fettsäuren im Plasma kann jedoch auch einen negativen Effekt mit sich bringen. Es besteht die Möglichkeit, dass dadurch die Insulinsensitivität sinkt und Diabetes Typ II entsteht.

Niacin kommt auch in Kombination mit Cholesterinsenkern (Statinen) bei Patienten mit hohen Cholesterinwerten zum Einsatz.

Der Vitalstoff kann in ebenfalls hoher Dosierung Krebspatienten vor einer Bestrahlung verabreicht werden, um die Tumoren effektiver zu bekämpfen.

Eine Studie mit Menschen, die am Non-Hodgkin-Lymphom (NHL, Blutkrebs) oder Multiplem Myelom (MM, Knochenmarkkrebs) litten, belegt die guten Erfolge der Behandlung mit Nicotinamid. Der Vitalstoff wurde eingesetzt in Kombination mit Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und monoklonalen Antikörpern. Ein voriger Versuch nur mit Antikörpern und NK-Zellen erbrachte weniger gute Ergebnisse.

Im Verlauf der Studie mit Nicotinamid erlebten 11 von 19 Patienten mit NHL eine komplette Remission. Nur 3 Patienten sprachen suboptimal an. Demnach verbessert Nicotinamid die Fähigkeit der NK-Zellen, Krebszellen zu bekämpfen. Die Wissenschaftler konnten herausarbeiten, dass die NK-Zellen infolge der Nicotinamid-Wirkung ein Protein verstärkt produzieren, das die Effektivität der körpereigenen Krebsbekämpfung steigert. Dieser “Lymphozyten-Homing-Rezeptor“ CD62L sorgt dafür, dass sich die NK-Zellen verstärkt in den Lymphknoten ansiedeln. Labor-Versuche mit NK-Zellen zeigten ebenfalls, dass Nicotinamid die Immun-Zellen dahingehend aktiviert, Krebszellen abzutöten. Grund dafür ist auch die durch Nicotinamid erhöhte Verfügbarkeit von NAD+, das aus Nicotinamid hergestellt wird. Der höhere NAD+-Spiegel hat unmittelbare Auswirkungen auf die Mitochondrien-Aktivität und damit auf den Energie-Stoffwechsel der NK-Zellen. Auch dadurch wird die Antikörperabhängige Zellvermittelte Zytotoxizität (Antibody-Dependent Cell-mediated Cytotoxicity, ADCC) gesteigert, also letztlich die körpereigene Krebsabwehr (https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.ade3341).

Aus demselben Grund verbessert Niacin wohl die mitochondriale Dysfunktionen, insbesondere bei mitochondrialer Myopathie.

Im Tierversuch konnte durch mit 100 mg Nicotinamid/kg Körpergewicht die Überlebenswahrscheinlichkeit von Mäusen nach einem Herzstillstand auf bis zu 100 % gesteigert werden. In der Kontroll-Gruppe (Placebo) waren es nur 50 % der Tiere, die die Prozedur überlebten. In dem Versuch wiesen die Wissenschaftler auch nach, dass die Konzentration von NAD+ durch die Intervention normalisiert wurde (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10503771/). Einer Studie zufolge kann Nicotinamid auf diesem Weg Herzinsuffizienz beim Menschen verhindern helfen. Das zeigte sich bei einer Dosierung (Injektion) von 3,5 mg/kg Körpergewicht (http://haidut.me/?p=2176).

Eine Studie belegt die schützende Wirkung vor UV-Strahlung von Nicotinamid. Die 386 Teilnehmer waren durch Hauterkrankungen vorbelastet und erhielten 1 Jahr lang 500 mg Nicotinamid oder ein Placebo (Kontroll-Gruppe). Das Auftreten von nicht-melanomartigem Hautkrebs war in der Verum-Gruppe 23 % niedriger als in der Kontroll-Gruppe. Auch traten in der Nicotinamid-Gruppe 20 % weniger Fälle von Basalzellkarzinomen auf und 30 % weniger Plattenepithelkarzinome.

Der Vitalstoff fördert auch die Phase 1 des Entgiftungs-Prozesses. Dabei werden fettlösliche Toxine in der Leber in wasserlösliche Verbindungen umgewandelt, die dadurch mit dem Urin ausgeschieden werden können.

Einer Studie zufolge kann Niacin den Zytokin-Sturm im Verlauf einer Covid-19-Erkrankung reduzieren. Betroffen davon sind besonders die entzündungsfördernden Hormone Interleukin 1β und Interleukin 6 sowie der Tumor-Nekrose-Faktor α. Grund dafür ist höchstwahrscheinlich die höhere Konzentration von NAD+, das diesen Effekt direkt triggert.

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Nicotinamid (NAM)

Beim Nicotinamid (auch Niacinamid), ist die OH-Gruppe des Pyridin-Ringes durch eine NH2-Gruppe ersetzt. Die organische Stickstoffverbindung kann bei Vitamin-B3-Mangel supplementiert werden, hat jedoch im Vergleich zu Niacin einige Nachteile.

Nicotinamid verbessert nicht die Blutfettwerte und hemmt die körpereigene Entgiftung in der Phase 1 des Prozesses. Zumindest in Laborexperimenten blockierte der Vitalstoff Sirtuine und könnte dadurch den genetischen Stoffwechsel beeinflussen. Ob dies im physiologischen System ebenfalls der Fall ist, konnte bisher nicht geklärt werden.

Aber Nicotinamid hat im Vergleich zu Niacin auch einen Vorteil: Es besteht nicht die Gefahr eines Flushes.

Nicotinamid kann möglicherweise bei der Bekämpfung von Krankenhauskeimen helfen. Denn in hohen Dosierungen wirkt es beispielsweise gegen die resistenten Bakterienstämme von Staphylococcus aureus (MRSA) und von Pseudomonas, bei denen Antibiotika nichts ausrichten können (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22922257).

Die Forscher stellten fest, dass Nicotinamid sowohl bei lebenden Mäusen als auch im menschlichen Blut dazu führt, dass die neutrophilen Granulozyten vermehrt antibakterielle Substanzen ausschütten.

Die neutrophilen Granulozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen und spielen eine entscheidende Rolle bei der aktiven Bekämpfung potenziell gefährlicher Mikroorganismen.

Die Dosierung, die für die positive Wirkung benötigt wird, ist allerdings recht hoch. Sie liegt etwa 300-mal höher als die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Tagesmenge.

Nicotinamid-Mononucleotid (NMN)

NMN ist eine Verbindung aus Nicotinamid und einem Fünffachzucker und Phosphat. Lange war unklar, ob NMN resorbiert werden kann, da die Phosphatgruppe den Übertritt über Zellmembranen verhindert. Inzwischen wurde jedoch ein für NMN spezifischer Carrier in Zellmembranen nachgewiesen. Daher ist eine Aufnahme und ein schneller Einbau in NAD+ und NADH+ anzunehmen, weil NMN bereits Ribose enthält. Die spezielle medizinische Wirkung von NMN besteht in einer verringerten Ausschüttung von Entzündungs-Mediatoren.

Nicotinamid-Ribosid (NR)

Im NR ist Nicotinamid ebenfalls mit dem Fünfachzucker Ribose verknüpft. Weil Ribose auch ein Bestandteil von NAD+ und NADP+ ist, verläuft auch hier die Synthese der Coenzyme sehr rasch und die Wirkung setzt schnell ein.

Inositol-Hexanicotinat (I6N)

Ein Molekül I6N setzt die Wirkung der Magensäure 5 Moleküle Niacin frei. Die in vielen Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene Verbindung hat keine nachgewiesene Wirkung auf die Blutfettwerte. I6N gilt als die Vitamin-B3-Variante, die bei Überdosierung am stärksten die Leber schädigen kann.

Vitamin B3 supplementieren

Wie wir sehen, ist Vitamin B3 ein lebenswichtiger Vitalstoff, der auch bei vielen Heilprozessen und zur Vorbeugung von Krankheiten eine wichtige Rolle spielt. Zudem sinkt der Spiegel von NAD+ beim Älterwerden ab, sodass sich auch hier die Frage stellt, mit welchem B3-Vitalstoff eine Supplementierung optimal erfolgen sollte. Oft werden die NAD+-Vorstufen NMN und NR empfohlen, doch diese Präparate sind teuer und wahrscheinlich weniger effektiv. Kostengünstiger und viel effektiver für die Produktion von NAD+ ist Nicotinamid (NAM). Den Grund verdeutlicht diese Grafik:

NADH NAD NADPH

NADH: Nikotinamidadenindinukleotid (reduziert)
NAD+: Nikotinamidadenindinukleotid (oxidiert)
NADPH: Nicotinamidadenindinukleotidphosphat
NMNAT1-3: Nicotinamid-Mononucleotid-Adenylyltransferase 1-3
NAMPT: Nicotinamid-Phosphoribosyltransferase
NAM: Niacinamid oder Nicotinamid

NMN wird zwar ohne Zwischenschritt in NAD+ umgewandelt, jedoch ist das bewerkstelligende Enzym NMNAT1-3 nicht der geschwindigkeitsbestimmende (regulierende) Faktor für die NAD+-Produktion. Darüber “entscheidet“ das Enzym NAMPT, auch wenn noch ein weiterer Reaktions-Schritt erforderlich ist. Deswegen fördert NAM die Synthese von NAD+, wenn man den Vitalstoff dem Enzym NAMPT “anbietet“. Dazu reicht eine Dosis von rund 170 mg täglich für einen durchschnittlichen Menschen (2,5 mg pro kg Körpergewicht.

Bedarf von Vitamin B3

Die empfohlene tägliche Dosierung von Niacin liegt zwischen 2 und 12 mg für Kinder, bei 14 mg für Frauen, 16 mg für Männer und 18 mg pro Tag für Schwangere und stillende Mütter. Der Verzehr von 500 g Champignons oder 200 g Geflügelfleisch kann die benötigte Tages-Ration liefern. Bei schwerer körperlicher Arbeit und gravierenden Erkrankungen ist der Bedarf erhöht.

Das obere Limit für Männer und Frauen liegt bei 35 mg pro Tag, um die bekannte Nebenwirkung des Flushs zu vermeiden. Die quantitative Bestimmung von Niacin wird durch Urinproben vorgenommen. Diese Methode gilt als zuverlässiger als die Messung der Blutserum-Konzentration.

Nehmen Sie Niacin und andere B-Vitamine am besten morgens nach dem Frühstück ein, um Magenproblemen und Schlafstörungen vorzubeugen.

Um die Versorgung mit Vitamin B3 festzustellen, wären Messungen der Plasma-Konzentrationen von NADH und NADPH sinnvoll. Doch dies ist leider keine gängige Praxis. Die Normwerte für Vitamin B3 in Form von Niacin im Plasma liegen zwischen 0,5 und 0,9 µg/ml. Dabei wird jedoch vernachlässigt, dass sich der größte Anteil Niacin in den roten Blutkörperchen befindet. Deswegen ist die Bestimmung des Niacin-Wertes im Gesamtblut sehr viel sinnvoller, wobei natürlich ein höherer Normwert definiert werden müsste. Einige Analyse-Labore gehen hier von einem Normwert von 1,0 bis 2,0 µg/ml aus.

Folgen des Vitamin-B3-Mangels

Wie eingangs schon erwähnt, ist die Krankheit Pellagra die direkte Folge des Vitamin-B3-Mangels. Die Hypovitaminose tritt in den entwickelten Ländern nur äußerst selten auf.

Ein größeres Problem ist der Vitamin-B3-Mangel in Regionen, in denen Armut und Unterernährung vorherrschen. Hierzulande sind oft chronischer Alkoholismus oder  extreme Fehlernährung, zum Beispiel bei Magersucht, für die Hypovitaminose verantwortlich. Alkoholiker weisen in der Regel eine erhöhte intestinale Permeabilität auf, was sich negativ auf den allgemeinen Gesundheitsstatus auswirkt.

Es gibt auch die Tendenz, dass diese Mangelerscheinung in Gebieten auftritt bzw. vermehrt auftreten kann, in denen die Menschen als Grundnahrungsmittel Mais essen. Da Niacin im Mais so gebunden ist, dass es erst bei einem pH-Wert von 11 freigesetzt werden kann, bedarf es einer besonderen Kochtechnik, die Nixtamalisation genannt wird. Dabei wird der geerntete Mais in alkalisches Kalkwasser gelegt und nass vermahlen.

Durch diesen Vorgang wird das Niacin im Mais erst freigesetzt. Die spanischen Eroberer brachten den Mais nach Europa, nicht aber diese Kochtechnik. Da Mais ertragreicher ist, als Gerste oder Weizen, gab es bald viele Bauern, die komplett ihre Produktion auf Mais umstellten. Das hatte dann zur Folge, dass Pellagra Erkrankungen pandemische Dimensionen annahmen.

Ein leichter Vitamin-B3-Mangel wird mit einem verlangsamten Metabolismus in Verbindung gebracht, ebenso mit einer verminderten Toleranz Erkältungen gegenüber. Zudem ist die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit reduziert und das Körpergewicht nimmt ab. Kopfschmerzen und Nervosität sind weitere Zeichen der zunächst noch leichten Hypovitaminose.

Des Weiteren treten Läsionen am unteren Teil des Halses auf, Hyperpigmentation, Verdickung der Haut, Entzündungen von Mund und Zunge, Verdauungsstörungen, Amnesie, Delirium und am Ende der Tod.

Die häufigsten psychiatrischen Symptome eines Niacin Mangels sind Verwirrung, schlechtes Konzentrationsvermögen, Aufregung, Müdigkeit, Ruhelosigkeit, Apathie und Depressionen. Es gibt Studien mit chronischen Alkoholikern, die zeigen konnten, dass der Niacin Mangel ein wichtiger Faktor darstellt beim Einsetzen und bei der Schwere der Erkrankung.

Die Hartnup-Erkrankung ist eine vererbte Erkrankung, bei der aufgrund von Störungen im Gastrointestinaltrakt (und in den Nieren) Niacin bzw. Tryptophan nicht ausreichend aufgespalten und resorbiert werden kann. Die sich daraus ergebenden Symptome sind denen der Pellagra sehr ähnlich: rote, schuppenartige Ausschläge und Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht.

Hier wird orales Niacin in „Superdosierungen“ von 40 bis 200 mg pro Tag verabreicht. Wenn die Diagnose rechtzeitig hatte erstellt werden können, ist die Prognose dieser Patienten günstig.

Die Niacin-Synthese ist ebenfalls beim karzinoiden Syndrom gestört, da aufgrund der metabolischen „Umleitung“ der Precursor-Substanz Tryptophan fast ausschließlich Serotonin gebildet wird und nur wenig Niacin.

Im Gespräch mit dem Arzt werden Lebensumstände und Grunderkrankungen erörtert. Mit einer Urin-Analyse kann die Hypovitaminose diagnostiziert werden.

Ist der Verdacht bestätigt, wird der Arzt ein Vitamin-B3-Präparat verordnen und zu einer Umstellung der Ernährung raten. Eventuelle Krankheiten, die den Vitaminmangel begünstigen, müssen behandelt werden.

Die Folgen der Überdosierung von Vitamin B3

Schon ab 30 mg kann ein sogenannter “Flush“ auftreten, der von einer erhöhten Histamin-Freisetzung verursacht wird. Der Flush hält für etwa 15 bis 30 Minuten an und ist oft begleitet von einem Gefühl des Prickelns oder Juckens.

Dieses Gefühl ist besonders in den Hautpartien ausgeprägt, die von Kleidung bedeckt sind. Vermittelt wird dieser Effekt durch Prostaglandine (PGE 2 und PGD 2), die verschieden Rezeptoren im Körper triggern. Dazu zählt auch der Prostaglandin-E-Rezeptor 4 in den Kapillaren, die sich auf den Reiz hin erweitern.

Zudem beeinflusst die Prostaglandin-Ausschüttung den Neurotransmitter-Stoffwechsel und erhöht die Produktion von Entzündungs-Mediatoren. Diese Hormone werden unterschieden in entzündungsfördernde und entzündungshemmende Proteine. Der Flush wird individuell verschieden wahrgenommen, je nachdem, welche der Prostaglandine während des Prozesses vorherrschen.

Die Vorgänge sind dieselben, die bei Allergien ablaufen, daher sind auch die Symptome beider Reaktionen sehr ähnlich. Die Wahrscheinlichkeit eines Flushes durch Niacin wächst mit der eingenommenen Dosis.

Ab einem halben Gramm ist die Reaktion auf das Supplement so gut wie sicher. Die meisten Menschen können sich aber an Niacin gewöhnen, sodass der Flush nach einiger Zeit weniger stark in Erscheinung tritt. Vermieden werden kann das Phänomen mit der Einnahme von 300 mg Aspirin.

Aspirin muss allerdings etwa eine halbe Stunde vor Einnahme von Niacin genommen werden. Alternativ kann auch eine Tablette Ibuprofen täglich genommen werden.

Hohe Dosen von ab 3 g täglich führen fast immer zu weiteren Nebenwirkungen. Eine derartige Menge kann sogar die Leber schädigen, wenn sie über längere Zeit appliziert wird. Entsprechende Heilversuche an Patienten mit Schizophrenie, Depressionen, Zwangs-Neurosen und dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom waren daher sicher grenzwertig.

Die Beeinträchtigung der Leber durch zu viel Vitamin B3 äußert sich in einer Hepatitis. Dazu kommt es, wenn die Leber mit der Beseitigung des Überschusses überfordert ist. Dazu werden alle Varianten des Vitalstoffes methyliert und bei Substrat-Mangel mit Glycin verknüpft.

Die Pools der Reaktanden müssen jedoch gut gefüllt sein, damit die Ausscheidung optimal funktioniert. Außerdem können die Enzyme dieser Reaktionen verlangsamt arbeiten, wenn beispielsweise schwelende Entzündungen vorliegen. Die Ausscheidungs-Funktion kann unterstützt werden, indem der Körper mit den Reaktanden der Reaktions-Kette unterstützt wird.

Dazu zählen Glycin und Trimethyl-Glycin sowie Cholin. Helfen können auch weitere B-Vitamine, die als Coenzyme der einzelnen Reaktions-Schritte erforderlich sind sowie Magnesium als weiterer Cofaktor. Grundsätzlich gilt, dass die Supplementierung mit Nicotinamid von allen Vitamin-B-3-Formen das geringste Risiko einer Leberschädigung in sich birgt.

Weitere Nebenwirkungen einer Überdosierung sind Juckreiz, trockene Haut, Hautausschläge, Ekzeme und Acanthosis nigricans (eine Verdickung und Verfärbung der Haut). Des Weiteren treten gastrointestinale Beschwerden auf wie Dyspepsie (Verdauungsstörung) und Übelkeit.

Es gibt Hinweise darauf, dass eine Vitamin-B-3-Supplementierung die körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Möglicherweise liegt dies an der reduzierten Konzentration freier Fettsäuren im Blut. Denkbar ist auch eine herabgesetzte Produktion von Kreatin, das in Muskelzellen als Energie-Speicher fungiert. Dieser unerwünschte Effekt basiert auf einem potenziellen Substrat-Aufbrauch durch die Methylierungs-Reaktionen.

Hyperglykämien und Arrhythmien sind ebenso beschrieben worden als auch Geburtsfehler bei Labortieren.

Um die Nebenwirkungen des Niacins abzuschwächen, ist es ratsam, Niacin mit den Mahlzeiten einzunehmen. Nach einigen Wochen konstanter Einnahme hören die Flush Reaktionen gänzlich auf.

Es gibt auch Tabletten mit einer verzögerten Niacin-Freisetzung. Auch hier sind weniger Nebenwirkungen beobachtet worden als bei einer nicht retardierten Tablette.

Eine Hyperurikämie ist eine weitere Nebenwirkung von hoch dosiertem Niacin. Im Extremfall provoziert Niacin in diesen Dosierungen einen Gichtanfall.

Die Dosierungen, die einen cholesterinsenkenden Effekt bewirken, haben bei Labortieren zu Geburtsfehlern geführt. Dies mag möglicherweise auch Konsequenzen für die embryonale Entwicklung beim Menschen haben. In extrem hohen Dosierungen hat Niacin eine lebensbedrohliche Wirkung.

Es kann hier auch eine Makulopathie auslösen, eine Verdickung von Makula und Retina des Auges, was letztendlich zu Blindheit oder schweren Sehstörungen führt. Die Makulopathie jedoch ist nach Absetzen der Niacin-Einnahme reversibel.

Wichtige Nahrungsmittel mit Vitamin B3

Eingangs haben wir schon Mais (mit seinen Problemen) diskutiert. Aber glücklicherweise gibt es noch eine Vielzahl an Nahrungsmitteln, die Niacin enthalten in einer deutlich freieren Form, als das beim Mais der Fall ist.

  • Tierische Produkte: Leber, Herz und Nieren, Hühnchen, Rindfleisch, Thunfisch und Lachs, Milch und Eier. Die Bioverfügbarkeit des Vitamins ist bei Fleisch am höchsten, weil der Vitalstoff nicht wie bei pflanzlichen Produkten glykosidiert ist.
  • Obst und Gemüse: Avocados, Datteln, Tomaten, blättriges Gemüse, Broccoli, Karotten, Süßkartoffeln, Spargel
  • Samen: Nüsse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchte, Meldensamen usw. Pilze: Bierhefen, Speisepilze und Heilpilze
  • Pilze: Bierhefen, Speisepilze und Heilpilze

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Beitragsbild: 123rf.com – subbotina

Dieser Beitrag wurde letztmalig am 17.10.2023 aktualisiert.

René Gräber

René Gräber

Seit 1998 bin ich in eigener Naturheilpraxis tätig und begleite seitdem Patienten mit den unterschiedlichsten Beschwerden und Erkrankungen. Dabei spielen zahlreiche Vitalstoffe in der Behandlung eine Rolle, die in zahlreichen Fällen enorm helfen können.

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