Phlogenzym im Faktencheck – Inhaltsstoffe, Studien & naturheilkundliche Bewertung

Phlogenzym mono Verpackung mit Titel „Phlogenzym im Faktencheck – Inhaltsstoffe, Studien & naturheilkundliche Bewertung

Manchmal habe ich den Eindruck, dass man bei manchen Präparaten mehr Zeit damit verbringt, die Inhaltsstoffe herauszufinden, als sie überhaupt einzunehmen. Phlogenzym ist so ein Fall. Unterschiedliche Varianten, widersprüchliche Angaben, fehlende Dosierungen – und das wohlgemerkt bei einem Produkt, das schon seit Jahrzehnten auf dem Markt ist.

Für diesen Beitrag erhalte ich selbstverständlich keinen Cent von der Herstellerfirma. Mir geht es darum, Fakten auf den Tisch zu legen: Was steckt tatsächlich drin? Was zeigen die Studien? Und vor allem – lohnt sich der Griff zu einem Enzympräparat wie Phlogenzym oder nicht? Wir sprechen dabei auch über bewährte Verfahren aus der Naturheilkunde, von Bromelain und Papain bis hin zu Quercetin, die in diesem Zusammenhang immer wieder genannt werden.

Was ist Phlogenzym?

Phlogenzym ist ein Produkt der Firma Mucos (heute Atrium), die vor allem durch die Entwicklung von Wobenzym bekannt wurde – heute noch im Handel als Wobenzym Plus und Wobenzym Immun.

Derzeit bietet der Hersteller zwei Varianten an:

  • Phlogenzym mono – enthält ausschließlich Bromelain. Mengenangaben finden sich auf der offiziellen Website nicht; laut Hersteller werden die Fachinformationen aktuell überarbeitet.
  • Phlogenzym aktiv – laut Produktseite eine „spezielle Kombination aus Enzymen, Radikalfängern und Vitaminen“. Genannt werden Vitamin C, D und E, jedoch ohne konkrete Mengenangaben. Lediglich für Vitamin C wird das vage Attribut „hochdosiert“ verwendet.

Etwas mehr erfährt man über Händlerseiten: Eine Amazon-Anzeige zeigt auf der Packung von Phlogenzym aktiv folgende Zusammensetzung: 60 mg Bromelain, 270 mg Papain, 144 mg Trypsin, 9 mg Chymotrypsin, 36 mg Quercetin (statt Rutin), 50 mg Polyphenole, Vitamin C – 300 mg, Vitamin D – 10 µg (400 IE) und Vitamin E – 100 mg. Ob diese Angaben pro Tablette oder pro Tagesdosis gelten, bleibt offen.

Verwirrend wird es, weil ausländische Anbieter und Online-Apotheken teils ganz andere Produkte unter gleichem Namen vertreiben. So listet das „Drug Information System“ eine Variante mit 90 mg Bromelain, 48 mg Trypsin und 100 mg Rutin pro Tablette. Die Online-Apotheke Parcelmed verkauft exakt diese Zusammensetzung.

Bemerkenswert ist vor allem der hohe Bromelain-Gehalt mancher Versionen. Zum Vergleich: Der Hersteller von Astrozym reduzierte den Bromelain-Anteil pro Tablette von 45 mg (Wobenzym N) auf nur noch 37,5 mg – mit dem Hinweis, dass höhere Mengen ein Präparat rechtlich schnell zum Arzneimittel machen können (Quelle). Umso erstaunlicher, dass eine Online-Apotheke eine Standarddosierung von 3×2 Tabletten täglich empfiehlt – und das bei einer doppelt so hohen Bromelain-Menge pro Tablette.

Zwischenfazit: ich bin durchaus verwirrt und würde raten, das Mittel (wenn), dann in einer deutschen Apotheke zu beziehen. Wer mehr Infos hat: ich freue mich über eine Email.

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Wissenschaftliche Untersuchungen zu Phlogenzym

Nach diesem bunten Durcheinander, was Phlogenzym ist oder sein könnte, ist es an der Zeit, einmal einen Blick auf wissenschaftliche Exponate zu werfen, die Phlogenzym näher unter die Lupe genommen haben.

Natürlich taucht hier sofort die Frage auf: Welches der oben beschriebenen Varianten sind in den Studien verwendet worden? Oder gibt es noch eine Variante, die wir bisher nicht diskutiert haben?

Efficacy and Tolerability of Oral Enzyme Therapy as Compared to Diclofenac in Active Osteoarthrosis of Knee Joint : An Open Randomized Controlled Clinical Trial

In dieser Arbeit erfahren wir im Diskussionsteil der Veröffentlichung, dass das eingesetzte Phlogenzym Rutin, Bromelain und Trypsin enthält. Nähere Angaben zur Wirkstoffmenge gibt es nicht. Das Präparat wurde für die Studie von der Herstellerfirma zur Verfügung gestellt.
Die randomisierte Studie untersuchte die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Phlogenzym im Vergleich zu Diclofenac bei der Behandlung von Kniearthrosen. Die 3 Wochen dauernde Studie mit 50 Patienten  bestand aus zwei Gruppen, einer Gruppe, deren Mitglieder zweimal täglich 2 bis 3 Tabletten Phlogenzym erhielten und einer Gruppe, die Diclofenac 50 mg erhielt.

Ergebnisse: Nach den anberaumten 3 Wochen Therapie und der folgenden Beobachtungszeit von 7 Wochen zeigte sich eine Abnahme von Gelenkschmerzen, Druckschmerzempfindlichkeit der Gelenke und Schwellungen in beiden Gruppen. Gleichzeitig zeigte sich eine leichte Verbesserung der Beweglichkeit in der Phlogenzym-Gruppe. Die Abnahme der Druckschmerzempfindlichkeit war in der Phlogenzym-Gruppe ausgeprägter als in der Kontrollgruppe.

Die Autoren schlossen aus ihren Beobachtungen, dass Phlogenzym ähnlich effektiv und gut verträglich ist wie Diclofenac bei der Behandlung von Arthosen im Knie.

Eine ähnliche Studie wurde 2006 mit Patienten durchgeführt, die an Hüftarthrose litten.

Efficacy and tolerance of an oral enzyme combination in painful osteoarthritis of the hip. A double-blind, randomised study comparing oral enzymes with non-steroidal anti-inflammatory drugs.

Diese Arbeit hatte sich zum Ziel gesetzt, zu ermitteln, ob Phlogenzym bei der Behandlung von Hüftarthrosen vergleichbare Wirkung zeigt wie Diclofenac.

Teilnehmer waren 90 Patienten, die 6 Wochen in dieser randomisierten, doppelblinden, Parallelgruppen-Studie behandelt wurden. Dazu erhielten 45 Patienten Phlogenzym und 45 Patienten Diclofenac. Gemessen wurde Schmerzempfinden, Steifheit der Gelenke und Funktionen etc.

Resultate: Die gemessenen Parameter zeigten in beiden Gruppen ähnlich gute Verbesserungen, so dass Phlogenzym im Vergleich zu Diclofenac keine schlechtere therapeutische Effizienz zu haben scheint. Im Vergleich der Nebenwirkungen beider Substanzen konnte Phlogenzym eine Tendenz zu einer besseren Verträglichkeit dokumentieren.

Eine Studie ganz anderer Art kommt aus Indien: Efficacy and safety of phlogenzym–a protease formulation, in sepsis in children.

Der Hintergrund für diese Studie ist die Frage, ob proteolytische Enzyme Entzündungsprozesse eindämmen können, die aus einer Infektion resultieren. Das Präparat wurde vom Hersteller für die Studie bereitgestellt und enthielt Bromelain 90 mg, Trypsin 48 mg, Rutin 100 mg.

In dieser randomisierten, doppelblinden, Placebo kontrollierten Studie erhielten 60 Kinder im Alter von 1 Monat bis 12 Jahren, die an einer Sepsis litten, die übliche Standardtherapie, die bei dieser Komplikation notwendig ist und Phlogenzym (30 Kinder) oder Placebo (30 Kinder) als Zusatztherapie. Die Dosierung betrug 1 Tablette pro 10 kg Körpergewicht bis zu einem Maximum von 10 Tabletten pro Tag in 2 oder 3 aufgeteilten Gaben. Die Beobachtungszeit betrug 14 bis 21 Tage.

Resultate: Das Fieber ging nach 3 Tagen in der Verumgruppe zurück, in der Placebogruppe nach 4 Tagen. Hämodynamische Unterstützung war in der Verumgruppe durchschnittlich 2 Tage erforderlich, in der Placebogruppe 3 Tage. Komaparameter in der Verumgruppe normalisierten sich nach 3 Tagen, die der Placebogruppe nach 5,5 Tagen. Orale Nahrungsaufnahme in der Verumgruppe begann nach 4 Tagen, in der Placebogruppe nach 5 Tagen. In der Placebogruppe verstarben 2 Patienten.

Schlussfolgerung der Autoren: Phlogenzym ist eine effektive Zusatztherapie bei Sepsis bei Kindern.

Effect of phlogenzym in long-term treatment of patients with multiple sclerosis.

Diese Arbeit mit 74 Patienten, die an Multipler Sklerose litten, zeigte, dass eine Langzeitanwendung von Phlogenzym (1 bis 3 Jahre) eine Abnahme der krankheitsbedingten Komplikationen mit sich brachte. Die Schweregrade nahmen im Laufe der Zeit ab, die Remissionszeiten verlängerten sich und die Progression verlangsamte sich signifikant. Daher sehen die Autoren ein hohes Potential bei der Langzeitbehandlung.

Andere Arbeiten bei zum Teil anderen Indikation sahen keine besonders guten Ergebnisse. Wie zum Beispiel: Oral enzyme therapy for chronic hepatitis C–a retrospective analysis.

Hier wurde die Frage gestellt, inwieweit Phlogenzym die Konzentrationen an Aminotransferase bei einer Hepatitis C Infektion senken hilft. Eine weitere Frage ist die Vergleichbarkeit der Wirkung mit Interferon-alpha. Die Autoren sichteten Daten von Hepatitis C Patienten, die mit 6 Tabletten Phlogenzym behandelt worden waren.

Aufnahmekriterium für die Auswertung war eine Behandlungsdauer von 3 und mehr Wochen und erhöhte ALT-Werte über 6 Monate vor der Therapie mit Phlogenzym. Leberzirrhose, massiver Alkoholkonsum und eine vorausgegangene Interferon-Therapie waren Ausschlusskriterien.

Resultate: Keine Veränderungen bei den beobachteten 22 Patienten. Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 77 Tage.

Eine Studie mit über 700 Patienten zur Wirksamkeit bei Verstauchungen des Fußknöchels (A double blind, randomised, parallel group study on the efficacy and safety of treating acute lateral ankle sprain with oral hydrolytic enzymes.)  zeigte ebenfalls keine verbesserte Wirkung im Vergleich zu Placebo.

Eine Prüfungsarbeit untersuchte die Wirksamkeit von Phlogenzym als „Schmerzmittel“ gegen mittelstarke bis starke Schmerzen bei Arthose (Is Phlogenzym effective in reducing moderate to severe osteoarthritis pain in adults?).

Die Arbeit war auch hier eine kleine Metaanalyse, die die Daten von 2 randomisierten, doppelblinden, Placebo kontrollierten Studien und einer offenen klinischen Studie ausgewertet hatte.

Ergebnisse: Es gab eine kleine Reduktion der für die Erkrankung typischen Symptome, die aber keine statistische Signifikanz aufwiesen.

Fazit

Phlogenzym wird derzeit in zwei offiziellen Varianten angeboten: mono mit ausschließlich Bromelain und aktiv als Enzym-Vitamin-Kombination. Die genauen Wirkstoffmengen kommuniziert der Hersteller nur sehr eingeschränkt – was die Beurteilung erschwert. Zusätzliche Verwirrung stiften ausländische Anbieter und Online-Apotheken, die teils völlig andere Zusammensetzungen unter gleichem Namen vertreiben. Wer also von „Phlogenzym“ spricht, sollte genau prüfen, welche Variante tatsächlich gemeint ist.

Die Studienlage zur klassischen Rutin-Bromelain-Trypsin-Kombination zeigt für bestimmte Indikationen vielversprechende Ergebnisse. Negativ ausfallende Studien ändern daran wenig, zumal einige dieser Untersuchungen Erkrankungen betrafen, die nicht zum typischen Einsatzbereich von Enzympräparaten gehören.

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Beitragsbild: 123rf.com – Vladimir Soldatov

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