Vitaminoide

DMG – Dimethylglycin (Vitamin B15) – Der neue Hype?

Informationen aus der Naturheilpraxis René Gräber

René Gräber
René Gräber

DMG steht für Dimethylglycin, welches ein Derivat der Aminosäure Glycin ist. Dimethylglycin ist ein Metabolit von Trimethylglycin, welches durch die Oxidation von Cholin entsteht.

Damit haben wir es mit einer Substanz zu tun, die nicht nur natürlich ist, sondern auch im Organismus selbst hergestellt wird. In diesem Fall ist die Substanz eine Art „Abfallprodukt“ im Krebszyklus (Atemkette) der Zellen beziehungsweise Mitochondrien.

Dimethylglycin ist auch in pflanzlichen Zellen enthalten. Eine Reihe von Nahrungsmitteln enthalten die Substanz, wie Bohnen, Getreide, Leber und so weiter. Da es sich bei der Substanz um einen Metaboliten handelt, stellt sich die Frage, ob dieser Metabolit überhaupt etwas für den Organismus tun kann und ob hier nicht vielleicht bei höheren Konzentrationen ungute Effekte zu erwarten sind.

Die Vertreiber der Substanz als Nahrungsergänzungsmittel schwören darauf, dass hier eine Reihe von positiven physiologischen Effekten auf den glücklichen Konsumenten warten, als da wären:

  • Verbesserung der körperlichen und sportlichen Leistungsfähigkeit – laut Memorial Sloan Kettering Cancer Center in den USA gibt es darüber aber keine wissenschaftlichen Untersuchungen.
  • Immunstimulation – auch hier scheint es gegenläufige Untersuchungsergebnisse zu geben.
  • Autismus – es scheint kleinere Studien zu geben, die aber auch zu keinem schlüssigen Ergebnis gekommen sind. Große Studien dazu im klinischen Rahmen hat es nie gegeben.
  • Epilepsie – es gibt Fallberichte, die gute Ergebnisse gezeigt haben. Studien dazu haben kein so gutes Ergebnis gebracht.
  • Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung – auch diese „Indikation“ der Vertreiber scheint jeder Grundlage zu entbehren.
  • Chronisches Fatigue Syndrom – keine wissenschaftlichen Grundlagen für eine Annahme, dass die Substanz hier wirksam ist.

Es gibt aber Hinweise dafür, dass Dimethylglycin antioxidative Eigenschaften hat und die Oxygenierung auf zellulärer Ebene verbessert. Die Annahme, dass die Substanz das Immunsystem, neurologische Funktionen, Autismus und Epilepsie positiv beeinflusst, beruht auf älteren Arbeiten mit in der Regel wenigen Fallzahlen.

Immunomodulating properties of dimethylglycine in humans. – Diese Arbeit hat bei 20 Freiwilligen eine Erhöhung der Antikörper unter DMG um den Faktor 20 gesehen. Daher glauben die Autoren, dass DMG die humorale und zelluläre Immunantwort verbessert.

Eine Studie mit gesunden Katzen zeigte keine Verbesserung der spezifischen und nicht spezifischen Immunität (Immunologic responses in healthy random-source cats fed N,N-dimethylglycine-supplemented diets.) unter DMG.

Effectiveness of N,N-dimethylglycine in autism and pervasive developmental disorder.  – Diese Arbeit kam bei 37 Kindern mit Autismus zu dem Schluss, dass es zwar Veränderungen gab unter DMG, die aber teilweise eine Verschlechterung, teilweise eine Verbesserung zeigten. Insgesamt sahen die Autoren im Vergleich zu Placebo keine großen Unterschiede.

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A double-blind, placebo-controlled, crossover pilot trial of low dose dimethylglycine in patients with autistic disorder. – Diese Arbeit ist es fast nicht wert, erwähnt zu werden. Denn hier „bewiesen“ die Autoren an acht (8!) männlichen Probanden, dass DMG keinen Effekt auf ihre Erkrankung ausübt. Immerhin werden die methodischen Mängel nicht verschwiegen. Dazu zählt neben der super geringen Probandenzahl auch eine Dosierung von DMG, die viel zu gering ausfiel.

Auch die Aussagen zur Oxygenierung scheinen kein einheitliches Bild zu ergeben: The effect of short-term dimethylglycine treatment on oxygen consumption in cytochrome oxidase deficiency: a double-blind randomized crossover clinical trial. – Die Arbeit wurde mit nur 5 Kindern durchgeführt, was wohl auf dem Seltenheitsgrad der Erkrankung und den Zumutungen an die kranken Kinder zu verdanken ist. Aber auch hier gab es keinen Hinweis auf bessere Effekte unter DMG.

Dazu kommt noch, dass die meisten hier erwähnten Arbeiten älteren Datums sind. Eine Suche nach neueren Arbeiten hat zwar einige Ergebnisse gebracht, leider aber nichts oder nur wenig zu den eben diskutierten Themen. Und das, was es gebracht hat, war wieder einmal mehr als widersprüchlich – aber diesmal in einer vollkommen anderen Beziehung.

Dimethylglycine Deficiency and the Development of Diabetes. – Diese Arbeit zeigte, dass niedrige Konzentrationen an DMG mit einem erhöhten Risiko für Diabetes assoziiert zu sein scheinen. Daher glauben die Autoren die Empfehlung geben zu müssen, das Enzym medikamentös blockieren zu müssen, das für den Abbau von DMG im Serum zuständig ist. Als Alternative dazu geben sie an, eine Supplementierung mit DMG vorzunehmen. Aus dieser Arbeit wird jedoch für mich nicht klar, ob geringe DMG-Konzentrationen jetzt die Ursache für Diabetes sein können oder aber „nur“ eine weitere Konsequenz seitens der Erkrankung. Denn zu hohe Zuckerwerte im Blut sind auch nicht die Ursache für Diabetes, sondern eine Konsequenz von entweder fehlendem Insulin (Typ-1-Diabetes) oder einem biologisch nicht genug wirksamen Insulin (Typ-2-Diabetes).

Eine vollkommen überraschende Beobachtung macht diese Studie: Plasma dimethylglycine, nicotine exposure and risk of low bone mineral density and hip fracture: the Hordaland Health Study – Hier war das Patientenkollektiv gewaltig. 5315 Teilnehmer waren an der Studie beteiligt. Mit deren Hilfe fanden die Autoren heraus, dass niedrige Plasmawerte an DMG in einem Zusammenhang standen mit einer reduzierten Knochendichte und einem erhöhten Risiko für Hüftfrakturen. Und Frauen, die sich das Leben mit Zigarettenrauchen verschönten, hatten ein noch höheres Risiko für Hüftfrakturen. Leider wird auch aus dieser Studie nicht deutlich, auf welcher Grundlage diese Zusammenhänge zu sehen sind. Deutlich wird hier nur, dass diese statistischen Zusammenhänge alles andere als „Beweise“ sind für DMG als Medikament gegen Knochenbrüche – auch wenn solche Arbeiten für die Vertreiber von entsprechenden Präparaten ein gefundenes Fressen sind.

Die nächste Fraktion steht schon an, in die Reihe der „Beweise“ für die Nützlichkeit von DMG für jeden Mensch aufgenommen zu werden: Plasma methionine, choline, betaine, and dimethylglycine in relation to colorectal cancer risk in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). – Diese Metaanalyse ähnliche Fallstudie mit 1367 Fällen versuchte anhand von einschlägigen Daten einen Zusammenhang zu ermitteln, der DMG und andere verwandte Substanzen als wirksame Prophylaxe gegen kolorektalen Krebs darstellt. Das Ergebnis aber zeigte, dass es einen solchen Zusammenhang zwar für Methionin, Cholin und Trimethylglycin gab, nicht aber für Dimethylglycin.

Zwischenfazit: Aus Sicht der hier diskutierten Arbeiten muss man ausreichend hohe Konzentrationen an DMG erreichen, um gegen Diabetes, Knochenbrüche und vielleicht auch kolorektalen Krebs gefeit zu sein.

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Diese Arbeit macht all die zuvor diskutierten Arbeiten zunichte: Elevated plasma dimethylglycine is a risk marker of mortality in patients with coronary heart disease. Denn hier wurden Daten von 4156 Patienten mit stabiler Angina pectoris und 3733 Patienten mit Herzinfarkt auf deren DMG-Konzentrationen nach analysiert. Ergebnis: Je höher die Konzentrationen waren, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, an Angina pectoris und/oder einem Herzinfarkt zu versterben.

Die nächsten beiden Arbeiten verwirren die Situation dann vollständig: Variation of betaine, N,N-dimethylglycine, choline, glycerophosphorylcholine, taurine and trimethylamine-N-oxide in the plasma and urine of overweight people with type 2 diabetes over a two-year period.

Und Plasma and urine betaine and dimethylglycine variation in healthy young male subjects.

Beide Arbeiten kommen bei gesunden und kranken Teilnehmern zu dem Schluss, dass die Konzentrationen von Trimethylglycin und Dimethylglycin vollkommen individuell ausfallen. Damit gibt es keine „hohen“ oder „zu niedrigen“ Werte, was darauf hindeutet, dass die biologische und physiologische Bedeutung von DMG keinen hohen Stellenwert zu haben scheint.

Fazit

DMG als Metabolit zeigt in den verfügbaren Studien Ergebnisse, bei denen man sich, je nach Interessenlage, wie im Selbstbedienungsladen bedienen kann. Das muntere Für und Wider reflektiert nach meiner Meinung nichts anderes, als eine Reihe von Zufallsergebnissen einer physiologisch unbedeutenden Substanz.

Und weil man dies bei den amerikanischen Ernährungsexperten für dieses Produkt zu wissen scheint, muss man auf Argumente zurückgreifen, die im wahrsten Sinne des Wortes „schlagend“ sind. Angeblich soll Muhammad Ali (targetednutrients.com/products/viewproduct/dimethylglycine-anti-aging) sich mit Hilfe der Substanz zum Weltmeister geprügelt haben. Verschwiegen wird aber, und hier haben wir wieder einmal einen möglichen Widerspruch, dass Muhammad Ali heute schwer von Parkinson gezeichnet ist. Wäre das nicht möglicherweise auch eine Konsequenz aus zu hohen DMG-Konzentrationen?

Fazit vom Fazit: Hier wird mal wieder eine Solo-Substanz zum Retter der gesamten Menschheit hoch stilisiert, als wenn nur diese und keine andere Substanz das Leben auf unserem Planeten ermöglicht. Die Substanz ist dazu ein Metabolit anscheinend ohne besondere physiologische Bedeutung, weshalb sie auch nicht toxisch ist, aber auch keine ausgesprochene Wirksamkeit hat. Um ein solches Nahe-Placebo an den Mann zu bringen, braucht man neben der Placebo-Wissenschaft noch einen Placebo-Ali.

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Beitragsbild: 123rf.com – Oleksandr Farion

René Gräber

René Gräber

Seit 1998 bin ich in eigener Naturheilpraxis tätig und begleite seitdem Patienten mit den unterschiedlichsten Beschwerden und Erkrankungen. Dabei spielen zahlreiche Vitalstoffe in der Behandlung eine Rolle, die in zahlreichen Fällen enorm helfen können.

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